Beim Unternehmertag 2014 im neuen Wittelsbacher-Saal des Klosters Scheyern stand das Thema „Unternehmensnachfolge – Neue Strategien“ im Mittelpunkt. Die dritte Ausgabe dieser Netzwerkveranstaltung wurde organisiert vom Kommunalunternehmen Strukturentwicklung Landkreis Pfaffenhofen a.d.Ilm (KUS) und dem Wirtschaftsbeirat des Landkreises in Kooperation mit der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.
Bernd Huber, Vorsitzender des Wirtschaftsbeirats im Landkreis Pfaffenhofen, unterstrich die Brisanz des Themas: „Dass qualifizierter unternehmerischer Nachwuchs in Zeiten des Fachkräftemangels schwer zu finden ist, weiß man nicht erst seit gestern. Dennoch tun sich gerade engagierte Unternehmerpersönlichkeiten schwer, sich mit der Übergabe auseinanderzusetzen.“ Diese müsse man mindestens so professionell vorbereiten wie ein wichtiges Investitionsprojekt, idealerweise fünf bis zehn Jahre vor dem Ausstieg. Um ihrerseits „nicht zu spät dran zu sein“ erhielten die Teilnehmer des Unternehmertages konkrete Handlungsempfehlungen und sehr persönliche Einblicke in den Erfahrungsschatz der Referenten.
Für den Präsidenten der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., Alfred Gaffal, ist die Frage der Unternehmensnachfolge von zentraler Bedeutung für die Wirtschaft: „Zwischen 2014 und 2018 steht in Deutschland in rund 135.000 Unternehmen eine Übergabe an, fast 24.000 davon in Bayern. Das sind pro Jahr rund 5.000 Firmenübergaben allein in Bayern. Daran hängen jährlich über 60.000 Arbeitsplätze.“
Als Strategien für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe nannte Gaffal vor allem eine langfristige Planung sowie eine effiziente Beratung, zum Beispiel durch den von der vbw unterstützten Existenzgründerpakt Bayern. „Wichtig ist auch, die richtige Übergabeform zu wählen. Die Kapitalbelastung darf nicht zu Lasten wichtiger Zukunftsinvestitionen gehen. Von entscheidender Bedeutung ist auch die Sicherung der Unternehmensnachfolge im Erbfall“, sagte Gaffal. In diesem Zusammenhang forderte der vbw Präsident, bei der künftigen Ausgestaltung der Erbschaftssteuer Verschonungsregelungen unbedingt zu erhalten.
Angela Inselkammer, Vizepräsidentin des DEHOGA Bayern, bezeichnete den Nachfolgeprozess gar als „Achillesferse, das größte Risiko für ein Familienunternehmen“. „Passen die Kinder und deren Lebenspartner ins Geschäft? Wie können weichende Erben ausgezahlt werden?“ Diese und viele weitere Fragen seien im Vorfeld von der übergebenden Generation zu klären. Frühzeitige offene Gespräche mit den Kindern können helfen, die Chancen des Familienbetriebes aufzuzeigen und den geeigneten Nachfolger zu finden. Bei der Übergabe sei es wichtig, „die neue Generation nicht auszubremsen“ und im Gesellschaftervertrag einen Haupterben zu benennen, denn „einer muss das Sagen haben“, so Inselkammer weiter.
Ihren prämierten „Brauereigasthof Hotel Aying“ hat sie innerhalb der Familie erfolgreich an die siebte Generation übergeben, Inselkammer verfügt also über reichhaltige Praxiserfahrung. Überhaupt ist sie eine Gastronomin durch und durch. Sie sehe die Gastronomie als „wunderbare Lebensaufgabe“ und bemängelte, dass die Wirtschaftskraft dieser Branche häufig unterschätzt würde. Dabei erwirtschaften die rund 40.000 Hotel- und Gastronomiebetriebe in Bayern, von denen rund 95 Prozent im Familienbesitz sind, einen erheblichen Umsatz.[/vc_column_text][vc_video link=“http://youtu.be/_lptWibe4nw“][vc_column_text]Bei der anschließenden Podiumsdiskussion standen die beiden Hauptreferenten Moderatorin Elke Christian, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Ingolstadt, Rede und Antwort. Ergänzt wurde die kompetente Runde durch Landrat Martin Wolf, Wirtschaftsbeiratsvorsitzenden Bernd Huber, IHK-Nachfolgeberater Markus Neuner sowie drei betroffene Gewerbetreibende.
Landrat Wolf betonte die besondere Bedeutung des Mittelstandes für den Landkreis Pfaffenhofen. Man habe „größtes Interesse daran, den Mittelstand für die Zukunft zu rüsten und die vielfältige Branchenstruktur im Landkreis zu bewahren. Mittelständische Betriebe sind nahe am politischen Leben, wodurch sich lokale Probleme direkt besprechen und gemeinsam lösen lassen“, so Wolf. Um die gute Zusammenarbeit noch zu intensivieren habe man das Kommunalunternehmen Strukturentwicklung gegründet, das allen Unternehmern für neutrale und vertrauliche Beratungsgespräche zur Verfügung steht und Kontakte zu passenden Ansprechpartnern vermittelt – auch für weiterführende Fragen zur Unternehmensnachfolge.
Unternehmerin Michaela Schenk macht sich bereits frühzeitig Gedanken über einen geeigneten Nachfolger. Nicht ohne Grund, denn das von ihr heute erfolgreiche geführte Unternehmen MAWA GmbH in Pfaffenhofen war aufgrund einer nicht geregelten Nachfolge der 82-jährigen Voreigentümerin in finanzielle Schieflage geraten. Schenk nannte die intrinsische Motivation als wichtige Eigenschaft des Übernehmers. Man müsse sich fragen „Sind meine Kinder Unternehmerpersönlichkeiten?“ Den ausscheidenden Unternehmern empfahl sie, die Übergabe als „zeitlich definiertes Projekt zu sehen“ und am Ende auch „loszulassen“.
Kreishandwerksmeister Max Hechinger wird seine Unternehmen an einen langjährigen Mitarbeiter und aktuellen Geschäftsführer übergeben. Getreu seinem Grundsatz „bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ habe er seine Mitarbeiter über die Jahre in hinweg konsequent gefördert und dabei eine zweite und dritte Führungsebene aufgebaut. Er freue sich darauf, dass er auch nach der Übergabe weiter mitarbeiten „darf“, sei aber auch froh „wenn der schwere Rucksack etwas leichter wird“, verriet Hechinger dem Publikum.
Fritz Peters, Vorsitzender des IHK-Gremiums Ingolstadt-Pfaffenhofen und selbst Unternehmer im Übergabeprozess, empfahl die Unterstützung durch einen unabhängigen Berater. Außerdem sollten übernehmende Familienmitglieder zunächst in Fremdbetrieben Erfahrungen sammeln, um den Betrieb dann „auf ihre Weise“ führen zu können.
Der IHK-Spezialist Markus Neuner gab den Unternehmern den Tipp, bereits in jungen Jahren eine Art „Notfallkoffer“ bereitzuhalten. Dieser müsse Zugangscodes und Passwörter für alle wichtigen Dokumente, eine Vorsorgevollmacht sowie die Namen der wichtigsten Ansprechpartner enthalten. Von entscheidender Bedeutung sei die Vollmacht eines Vertreters, am besten notariell beurkundet. So könne der Betrieb auch in einer plötzlichen Notsituation möglichst ungestört weiterlaufen.
Zum Abschluss des fachlichen Teils der Veranstaltung fasste Landrat Wolf die wichtigsten Thesen prägnant zusammen. Übergeber müssen „rechtzeitig planen, ihre Kinder begleiten, Innovation zulassen, Beratung hinzuziehen, die Politik fordern“ und „einer muss das Sagen haben“. Nachdem man beim Unternehmertag ein Thema zur Sprache gebracht hatte, das oft aufgeschoben oder verdrängt wird, lud Wolf die Gäste zum anschließenden Netzwerken und persönlichen Gesprächen mit den Experten ein. KUS-Vorstand Johannes Hofner zeigte sich erfreut über die rege Beteiligung von rund 350 Gewerbetreibenden. „Inzwischen hat sich der Unternehmertag als wirtschaftspolitische Informations- und Kommunikationsplattform im Landkreis wirklich etabliert“, so Hofner.
Großes Lob erhielt das Kloster Scheyern – vertreten durch Abt Markus Eller und Cellerar Pater Lukas – für den neu gebauten Wittelsbacher-Saal. Auch Scheyerns erster Bürgermeister Manfred Sterz sagte, er freue sich darauf, in diesem schönen Saal viele weitere gelungene Veranstaltungen zu erleben.
Hier geht es zum intv-Fernsehbeitrag über den Unternehmertag 2014.
Hier finden Sie die Berichterstattung auf hallertau.info zum Unternehmertag 2014.