Schlechte Ratschläge gibt es eigentlich nicht. Wenn jemand einem etwas aufschwatzen will, merkt man das ohnehin schnell. Gerade in der Gründungsphase sollte man alle Ratschläge ernst nehmen, auch wenn sie vielleicht gegenteiliges aussagen.
Gründer Elmar Stegmeier
Mittelpunkt Patient!
IHIM Consulting ist ein Analyse- und Beratungsunternehmen im Gesundheitswesen, welches eine Methode für die wissenschaftlich-fundierte Messung der Patientenorientierung entwickelt hat. Das Unternehmen möchte den Patienten in den Mittelpunkt rücken und stellt ihre Messtechnik für verschiedene Anwendungen zur Verfügung – von der Analyse von Projekten, Konzepten und Unternehmungen bis hin zur Bewertungsgrundlage von Investitionsentscheidungen. Die Qualität im Gesundheitswesen soll dadurch steigen und damit auch der Mehrwert – vor allem für den Patienten.
Herr Stegmeier, Sie haben eine neuartige Analyse-Methode entwickelt, um die Patientenorientierung im Gesundheitswesen messen und verbessern zu können. Was war Ihr Ansporn, sich so einem komplexen Thema zu widmen?
Das Thema ist definitiv komplex. Zum einen ist der Begriff Patientenorientierung ein Überbegriff, der alleine stehend unterschiedlich definiert werden kann. Dies liegt vor allem daran, dass jede an der Patientenversorgung Beteiligte und damit auch die Patienten selbst, den mittelbaren, unmittelbaren und langfristigen Nutzen einer medizinischen Maßnahme unterschiedlich bewerten. Zum anderen ist das Gesundheitswesen an sich komplex. Dies liegt in der sektoralen Struktur (Akut, Reha, Nachsorge) gekoppelt mit Multiprofessionalität (verschiedene med. Berufsgruppen) begründet. Dazu kommt noch ein uneinheitliches Versicherungssystem (Krankenkassen, Pflegekassen, Rentenkassen), welche die Maßnahmen bezahlen. Der Begriff „multikomplex“ beschreibt die Situation am besten.
Genau in dieser multikomplexen und undifferenzierten Situation bietet die IHIM-Methodik die Lösung. Es werden Wirkmechanismen beschrieben und über evidenzbasierte Indikatoren kann die Patientenorientierung valide bestimmt werden. Komplexität wird strukturiert, Undefinierbares nachweisbar und bestimmbar gemacht.
Die Methodik ist eine auf das Gesundheitswesen adaptierte soziale Wirkungsanalyse. Als ich gesehen habe, welche Aussagekraft die Methodik hat, wusste ich sofort, dass ich hier ein methodisches Juwel in den Händen halte, welches einen Mehrwert für das ganze Gesundheitssystem im Sinne des Patienten bietet. Das war mehr als ein Ansporn.
Wie lange haben Sie an dieser Methode gefeilt bis Sie sich dazu entschieden haben, damit den Weg in die Existenzgründung zu wagen?
Die Methodik ist mir natürlich nicht in den Schoß gefallen. Seit 2006 bewerte ich bereits Projekte und Unternehmen im Gesundheitswesen. Zuerst ging es um Einzelprojekte im Bereich des New Business Developments für eine japanische und eine US-amerikanische Firma und danach um ganze Unternehmen und Unternehmensportfolios durch eine Tätigkeit als M&A-Consultant für eine Schweizer Beratung. Erst durch die Tätigkeit für eine Stiftung, welche den Patienten in den Vordergrund stellt, war ich bereit beide „Welten“ zu verbinden und konnte zudem Erfahrung in der sozialen Wirkungsanalyse sammeln. Am Ende hat dann die eigentliche Vorarbeit ein Jahr gedauert, bis alles einsatzfähig war und mit dem ersten Pilotprojekt der Weg in den Markt beginnen konnte.
Herr Stegmeier, allein durch Ihre fundierte berufliche Laufbahn hatten Sie ein gutes Netzwerk im Gesundheitswesen. Wie wichtig war dieses Netzwerk bei der Gründung für Sie?
Netzwerke bedeuten ja Erfahrungen von vielen Experten, die einem optimal auch noch gut gesinnt sind. Es gibt Menschen die behaupten, dass alle Ideen schon einmal von jemandem anderswo vorher erdacht worden sind. Dem kann ich nicht ganz zustimmen. Wichtig ist aber zu wissen, wo in der Welt andere Konzepte, Förderer und Interessenten für die eigene Idee sind. Trotz Internet und Globalisierung sind weiterhin persönliche Netzwerke genau hier wichtig.
Für wie wichtig erachten Sie Netzwerke im Allgemeinen und was sind Ihre Erfahrungen?
Ich bewege mich in vielen Netzwerken mit persönlicher Komponente. Die Benennung dieser Netzwerke ist verschieden, oft werden sie „Hubs“ oder „Meeting Points“ genannt. Hier hat man die Möglichkeit über den sogenannten Tellerrand hinauszuschauen und gleichzeitig kann man seine Idee einem interessierten Publikum vorstellen und Feedback erhalten. Aber auch die klassischen Fachgesellschaften und Kongresse sind sehr wichtige Netzwerke.
Sie sind sozusagen „frischgebackener“ Familienvater. Als Unternehmer muss man jedoch oft viel Zeit in seine Geschäftsidee investieren. Was ist Ihr Erfolgsrezept, wie man auch als Selbständiger Familie und Karriere vereinbaren kann?
Das ist meines Erachtens der wichtigste Punkt. Wir haben uns für ein Modell entschieden, das Mutter, Vater und Kind berücksichtigt und allen die Möglichkeit gibt zusammen sein und sich entwickeln zu können. Die Balance ist hier das wichtigste um innerhalb der Familie harmonisch und zufrieden sein zu können. Dies gilt auch unabhängig von einer Selbständigkeit und ich musste dies in einer früheren Beziehung schon einmal leidvoll erfahren, wenn es nicht funktioniert, so wie viele andere übrigens auch. Eine Work-Life-Balance ist sicher für eine Einzelperson wichtig, für eine Familie würde ich die „Family Balance“ als unbedingt nötig sehen. Eine gute Selbstorganisation ist in der Selbständigkeit daher äußerst wichtig.
Wer hat Ihnen bei Ihrer Gründung immer die besten und wichtigsten Ratschläge erteilt?
Wenn das Start-up in der Business-Plan-Phase ist würde ich mir eine kleine Gruppe an Kollegen und Freunden suchen, welchen ich das Konzept vorstellen kann und (vorher schon) die Gruppe bitten mein Konzept möglichst „auseinanderzunehmen“, also sehr kritisch von allen Seiten zu betrachten.
Ist das Start-up in der Finanzierung und benötigt Venture Kapital, dann sollte man dort das Geld beantragen, wo eine Venture Kapital Gesellschaft auch fachliche Expertise und ein Netzwerk mit einbringen kann. Selbiges, etwas abgewandelt, gilt natürlich auch für die typische Hausbank. Jede Bank hat heute ausgewiesene Experten und Abteilungen für Firmenkunden.
Welchen wichtigen Ratschlag können Sie neuen Start-Ups noch mit auf dem Weg geben?
Für mein Konzept habe ich mich auf drei Personen immer verlassen können und diese waren für mich über die ganze Zeit quasi Sparringspartner, eine Person aus dem Life Science Bereich, eine aus dem Stiftungsbereich und eine aus dem Bankenbereich. Dazu kam meine Frau, welche als Neurologin auch vom Fach ist und zudem natürlich unsere persönliche Situation bestens kannte.
Letzte Frage, Herr Stegmeier. Was ist Ihre Zukunftsvision für Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren?
Und was war der schlechteste Ratschlag, den Sie je in dieser Zeit erhalten haben?
Schlechte Ratschläge gibt es eigentlich nicht. Wenn jemand einem etwas aufschwatzen will, merkt man das ohnehin schnell. Gerade in der Gründungsphase sollte man alle Ratschläge ernst nehmen, auch wenn sie vielleicht gegenteiliges aussagen. Wichtig ist es die Vor- und Nachteile für die eigene Sache zu erarbeiten und dann eine (begründete) Entscheidung zu treffen. Die Fragestellung ist hier immer „Welche Auswirkung hat meine Entscheidung auf was?“
Wir wollen die Anwendung im Bereich Impact Investing auf einem Europäischen Level forcieren. Dazu haben wir ein Konzept für einen Social Impact Fund erstellt, der es Ende letzten Jahres an die Londoner Sozialbörse geschafft hat.
Aber auch das Netzwerken Rund um das Thema Patientenorientierung wollen wir stärken und eine gemeinnützige Organisation, einen „Patient Impact Hub“, zusammen mit weiteren Partnern gründen.
Die langfristige Zukunftsvision ist die Patientenorientierung in allen Bereichen des Gesundheitswesens systematisch zu verorten, von der Forschung und Entwicklung von Produkten bis hin zum Einsatz beim Patienten. Dabei steht für uns der Patient immer und zu jeder Zeit im Mittelpunkt!
Herr Stegmeier, vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit und weiterhin viel Erfolg.